Dr. Werner Nohl · Landschaftsarchitekt · Honorarprofessor (TU München)

Sind kulturhistorisch einzigartige Grünflächen in der Stadt Verkehrserwartungsland? - Das Beispiel des Englischen Gartens in München (2024)

Vor knapp 25 Jahren wollten die Stadtwerke München – nicht zum ersten Mal in den letzten 100 Jahren – eine zweigleisige Straßenbahn quer durch den einzigartigen, 200 Jahre alten Englischen Garten in München führen. Die Genehmigungsbehörde hatte damals dieses Ansinnen abgelehnt, weil dadurch der Englische Garten als bedeutsamer Erholungsraum wie vor allem auch als weltberühmte und denkmalgeschützte Parkanlage zerstört worden wäre (vgl. auch mein Gutachten aus dem Jahr 2000 auf dieser Homepage).

Die Stadtwerke interpretierten die Ausführungen der Genehmigungsbehörde verengend dahin gehend, dass insbesondere die notwendige „Verdrahtung“ (Oberleitung) und die Vielzahl der Masten den außerordentlichen Denkmalwert des Gartens zerstören, und die notwendigen Baumfällungen irreversible Umweltschäden nach sich ziehen würden. Nachdem zwischenzeitlich ein Straßenbahntyp möglich ist, der auf begrenzten Strecken batteriebetrieben operieren kann, versuchten die Stadtwerke kürzlich erneut, ihr altes Ziel einer Straßenbahn durch den Englischen Garten zu verwirklichen. Dabei interessiert sie offensichtlich weder der einmalige kulturelle Wert des Englischen Gartens und seine touristische Bedeutung für die Stadt München noch die Tatsache, dass es eine Reihe realistischer Alternativen für eine Straßenbahnlinie im Sinne einer „Nordtangenten“ gibt, die Tram durch den Englischen Garten also auch aus verkehrlicher Sicht gar nicht notwendig ist.

Im März 2024 hat nun der Freistaat Bayern, der im rechtlichen Sinne Eigentümer des Englischen Gartens und damit auch der für die Straßenbahn vorgesehene Trasse ist, entschieden, dass er den Bau der von der Stadt München geplanten Straßenbahn nicht erlauben wird. Da aber damit zu rechnen ist, dass die Stadt München sich mit diesem Beschluss längerfristig nicht zufrieden geben wird, und auch anderswo der Griff nach Grünflächen zur Lösung anstehender Verkehrsprobleme so bequem erscheint, werden im Folgenden aus der Sicht einer Stadtkultur, die sich nicht auf die Lösung aktueller Verkehrsprobleme reduzieren lassen will, noch einmal die Konflikte und Beeinträchtigungen beleuchtet, die mit dem Bau einer Straßenbahn durch den Englischen Garten eingetreten wären.

Impressum · Kontakt · Letzte Aktualisierung: 25.08.2025

Valid HTML 4.01 Strict